Handwerkszeug

Die Neurochirurgie umfaßt die operative Behandlung von Erkrankungen, Störungen, Verletzungen und Fehlbildungen des gesamten zentralen und peripheren Nervensystems. Neben den allgemeinen chirurgischen Techniken ist die Mikrochirurgie ein wesentliches Grundprinzip neurochirurgischer Operationstätigkeit. Seit der Entwicklung des Operationsmikroskopes und der dazu gehörigen Mikroinstrumente wurde diese Operationstechnik laufend verfeinert. Sie ist aus dem heutigen neurochirurgischen Operationsalltag nicht mehr wegzudenken, da das Operationsfeld oftmals nur wenige Millimeter Ausdehnung hat und hochsensibele, potentiell lebenswichtige Strukturen enthält.

Mikroskop

Das Operationsmikroskop schafft für die Mikrochirurgie optimale Umfeldbedingungen.

Es vergrößert dem Betrachter das Operationsfeld optisch in allen drei Dimensionen und leuchtet es dabei ideal aus. Mikroskope der heutigen Generation erlauben eine gemeinsame direkte Betrachtung des Operationsfeldes durch den Operateur und seinen Assistenten, sowie eine indirekte Betrachtung durch Photo- und Videoaufzeichnung. Dabei wird eine punktgenaue Zentrierung des optischen Systems auf das Operationsfeld gewährleistet. Aufgrund der umfangreichen Technik und der geforderten Standsicherheit besitzen die Mikroskope ein relativ hohes Eigengewicht. Durch ein hochentwickeltes Balancierungssystem werden feinste Adjustierungen für den Operateur ohne Kraftaufwand dennoch ermöglicht. Zukünftige, superintelligente Mikroskope gestatten das Einspielen von Bilddaten aus CT- und MRT- Untersuchungen, Gewebeanalysen durch Nutzung geeigneter Lichtspektren sowie die automatische aktive Ansteuerung des Operationsfeldes.

Instrumente

Durch die mikrochirurgische Operationstechnik soll das Darstellen, Entfernen, Durchtrennen oder Wiedervereinigen von Gewebestrukturen mit oft geringer Eigengröße auf engstem Raum unter Schonung benachbarter empfindlicher Strukturen ermöglicht werden. Es ist dem Chirurgen unmöglich das Operations-Zielgebiet mit der Hand zu erreichen. Daher übernehmen verschieden feine Instrumente, wie z. B. Faßzangen, Pinzetten, Sauger, Sonden, und Scheren etc. die erforderlichen Funktionen und die Übertragung taktiler Eigenschaften.

Berufsbild

Die Ausbildung zum Neurochirurgen zählt mit zu den aufwendigsten der Medizin. Nach 6 Jahren Studium folgt die Ausbildung, die mindesten 6 Jahre an einem Krankenhaus durchlaufen wird. Hier wird die Behandlung von Gehirnerkrankungen wie Blutungen, Gehirntumoren und Wirbelsäulenerkrankungen erlernt.

Im Unterschied zu anderen Disziplinen erlernt der Neurochirurg von Beginn seiner Ausbildung an Wirbelsäulenoperationen. Hier bietet der Neurochirurg ein ganzes Spektrum an Therapiemöglichkeiten, von konservativen Maßnahmen bis hin zu verschiedenen operativen Möglichkeiten stehen ihm ein Bündel an Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Hierbei ist von unschätzbarem Vorteil, dass der Neurochirurg als fachkompetenter Diagnostiker und Therapeut angeordnet ist zwischen einem Neurologen und einem Orthopäden. Dieses zeigt auch das Spezialgebiet, nämlich alle Erkrankungen des Bewegungsapparates in enger Beziehung zum Nervensystem, am eindeutigsten im Bereich der Wirbelsäule, wo Rückenmark, Nervenwurzel, Bandscheiben und knöcherner Wirbelapparat sowie die Bänder des Wirbelsäulenbewegungssegmentes in enger Nachbarschaft zueinander liegen und in vielfältiger Weise aufeinander einwirken und somit eines der größten Probleme unserer modernen Gesellschaft hervorrufen, nämlich Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, von der Halswirbelsäule bis zur Lendenwirbelsäule reichend, klassisch auch Hexenschuss, Lumbago oder Ischias genannt.

Bei der Diagnostik kommen dem Neurochirurgen orthopädische Untersuchungstechniken sowie die diffizilen, neurologischen Untersuchungstechniken zustatten, so dass er zügig einen gezielten Überblick über die Beschwerden und möglicherweise Ausfälle (Lähmungen, Taubheitsgefühl etc.) gewinnen kann und entsprechende, gezielte weitere Untersuchungen, von der Elektrophysiologie (Durchmessen von Nerven und Muskeln) bis hin zu ganz gezielten radiologischen Untersuchungen, insbesondere Computertomographie und Kernspintomographie einsetzen kann. Ist die Diagnose einer Nervenwurzelkompression durch einen Bandscheibenvorfall oder eine knöcherne Wirbelkanaleinengung einmal gestellt, welche sich mit Rückenschmerzen, Nacken-Hinterkopfschmerzen, Armschmerzen oder Beinschmerzen im Sinne z. B. eines klassischen Hexenschusses äußern können, kann gezielt die Therapie beginnen. In der Regel wird mittels eines stufenweisen Therapieschemas mit konservativen Maßnahmen (Medikamenteneinnahme, Physiotherapie) behandelt, soweit nicht vom Hausarzt schon im Vorfeld geschehen. Bei fehlender Besserung können Infiltrationen und Injektionen, in die Wirbelsäule oder an die Nervenwurzeln eingebracht, zu einer deutlichen Linderung der Beschwerdesymptomatik oder gar zu einer Heilung führen, so dass eine operative Maßnahme gegebenenfalls sogar unnötig werden kann. Auch moderne Kathetertechniken sowie bei Rückenschmerzen kryochirurgische Maßnahmen zur Kältedenervierung von Wirbelgelenken sind ambulant möglich, wie auch z. B. Laserbandscheiben-Operationen oder endoskopische Operationstechniken. Doch auch eine Großzahl der Patienten ist hierdurch allein nicht von ihren heftigen Schmerzen zu kurieren, so dass dann doch weitere mikroneurochirurgisch-operative Maßnahmen erforderlich sein können. Auch hier stehen dem versierten wirbelsäulenchirurgischen Neurochirurgen viele spezielle Verfahrenstechniken zur Verfügung. So können knöcherne komprimierende Knochenzacken mittels spezieller Diamant High-Speed Fräsen beseitigt werden, es stehen feinstes Instrumentarium zur Beseitigung von Bandscheibenvorfällen oder aber auch modernste Verblockungsmaterialien wie Titan- oder Peek- (spezieller moderner medizinischer Kunststoff) Materialien zur Verfügung zur Wiederaufrichtung von Wirbelsäulenabschnitten und zur Versteifung bei Gefügestörungen im Bereich der Wirbelsäule etc. In der Regel werden diese Verfahren ambulant oder kurzstationär (3-4 tägiger stationärer Aufenthalt) durchgeführt.

Ein zweites großes Aufgabengebiet des Neurochirurgen ist die Nervenchirurgie. Hier ist ambulant eine schonende und zügige operative Behandlung von Engpasssyndromen, z. B. das bekannte Carpaltunnel-Syndrom, bei dem der Mittelhandnerv im Bereich des Handgelenks eingeklemmt ist, zu nennen. Auch ein eingeklemmter Nerv im Bereich des Ellenbogens (Sulkus ulnaris-Syndrom), welcher ebenfalls ambulant operativ befreit oder sogar verlagert werden kann, ist eines der häufigeren Krankheitsbilder, die speziell der Neurochirurg operativ therapiert, wenn konservative Maßnahmen keinen Erfolg gezeigt hatten.

Auch die sogenannte Morton-Metatarsalgie (eine schmerzhafte Reizung eines oder mehrerer Nerven zwischen den Fußzehen mit Kribbelgefühl und Schmerzen im Bereich des Vorderfußes) gehört zum Aufgabengebiet des Neurochirurgen, wobei diese Erkrankung häufig nicht erkannt wird und erst durch einen Neurochirurgen, der dieses Krankheitsbild häufiger sieht, letztendlich diagnostiziert und therapiert wird.

Ein weiteres auftretendes und häufig nicht bekanntes Krankheitsbild ist das sogenannte Tarsaltunnel-Syndrom, eine Einklemmung eines Nerven im Bereich des Fußinnenknöchels. Auch für Schmerzen im Bereich des Oberschenkels, der Vorder- und Außenseite mit sehr schmerzhaften Missempfindungen, verursacht durch eine Reizung eines Nerven im Bereich des Leistenbandes, ist der Neurochirurg der fachkompetente Diagnostiker und Therapeut.

Sehr häufig werden solche oben erwähnte Nervenerkrankungen missgedeutet oder nicht erkannt und erst durch den im Bereich der Neurologie und dem Bewegungsachsenorgan versierten Neurochirurgen konkret angesprochen, diagnostiziert und auch therapiert. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass sich der moderne Neurochirurg auch weiterhin in der Diagnostik und Verlaufskontrolle sowie Weiterleitung von Patienten mit Gehirnerkrankungen beschäftigt, die aber nicht das Gros des niedergelassenen, praktisch tätigen Neurochirurgen ausmacht.

Ein weiteres großes Therapiebild des Neurochirurgen ist der chronische Schmerz und in diesem Falle die gezielte neurochirurgische Schmerztherapie, wobei neben medikamentösen Therapien inklusive Opiaten, Morphinmedikamenten, den verschiedensten Infiltrationstechniken auch die Implantation von elektrischen Rückenmarkstimulationsgeräten und Medikamentenpumpen, welche über einen Katheter Morphin in den Wirbelkanal abgeben, ein sehr spezifisches Therapiefeld gegeben. Gerade hier kann der Neurochirurg seine große Erfahrung von Diagnostik, Kenntnis über Krankheiten und ihre Beziehung zum Nervensystem im Zusammenhang mit den möglichen konservativen und operativen Maßnahmen voll einsetzen.