Warum gerade ich?

Einleitung

Als junger Arzt auf einer großen Intensivstation stand ich vor einem Rätsel. Nicht nur ich mit meiner geringen Erfahrung war ratlos, auch die Fachwelt, auch mein Oberarzt. Wir sahen Patienten sterben, die zwar einen schweren Unfall oder eine große Operation hinter sich hatten aber gute Chancen auf Genesung aufwiesen. In solchen Situationen schaltet der Stoffwechsel in ein anderes Programm, den so genannten Postaggressionsstoffwechsel. Dabei geht der Körper an seine Zucker-, Eiweiß- und Muskelreserven. Die angebotenen Nährstoffe in Form von Infusionen werden nicht angenommen, ja sogar mit einer erhöhten Sterblichkeit quittiert. Wir fühlten uns hilflos, als wenn wir einem Verdurstenden Wasser reichen und er es uns aus der Hand schlägt.

Erst einige Jahre später habe ich verstanden, warum der menschliche Körper so reagiert: In der gesamten Menschheitsentwicklung von vielen Millionen Jahren war es zu keinem Zeitpunkt vorgekommen, dass bei Verletzungen Nährlösungen infundiert wurden. Die moderne Intensivmedizin ist gerade mal 20-30 Jahre alt. Die einzige Chance bestand darin, seine letzten Reserven zu mobilisieren, um zu genesen.

Daraus lernte ich, dass auch in der heutigen Zeit einige ganz entscheidende Reaktionsweisen des menschlichen Körpers nur verstanden werden, wenn die Entwicklungsgeschichte berücksichtigt wird. Wenn man danach sucht, so war fast alles irgendwann in unserer Geschichte einmal sinnvoll.

Wafür ist der Mensch optimiert?

Die meiste Zeit unseres Erdendasein waren die Menschen Sammler und Jäger. Die Landwirtschaft ist eine relativ junge Entwicklung (max. 11000 Jahre); noch ist nicht ganz klar wann und warum der Schritt zur Sesshaftigkeit vollführt wurde.

Nur die Muskelkraft stand für die Gestaltung der Umwelt zur Verfügung, später kamen Werkzeuge, Tiere und Maschinen hinzu.

Damit war eine der Haupttätigkeiten Muskelarbeit in Form von Ausdauerbelastung.
Genau dafür ist der Mensch optimiert.

Er ist definitiv nicht gemacht für:
- wenig Bewegung
- anhaltende Spitzenleistungen,

sondern für eine Ausdauerbelastung mit hinreichenden Pausen zur Erholung. Darum erstaunte es nicht, dass Bewegungsmüde von den allbekannten Zivilisationserkrankungen heimgesucht werden und Spitzensportler vorschnell unter Arthrose leiden.

Leider haben unser Körper keine eingebaute Inspektionsanzeige.

Leider haben unser Körper keine eingebaute Inspektionsanzeige.

Was ist Arthrose?

Lebenserwartung

Lebenserwartung

Es ist grad mal 100 Jahre her dass die durchschnittliche Lebenserwartung bei 48 Jahren lag.

Arthrose bezeichnet einen Gelenkverschleiß, der das Altersmaß überschreitet. Verschleiß kennt jeder vom Auto, wenn der Auspuff durchgerostet ist, die Räder abgefahren oder die Radlager verschlissen sind. Bei uns fehlt allerdings eine Inspektionsanzeige.

Genau wie einem Radlager unterliegen insbesondere die Gelenke einem natürlichen Verschleiß. Ebenso ergeht es den Gefäßen und Herzklappen; am sichtbarsten wird es an unserer Haut. Der Mensch verfügt anders als ein Auto über formidable Selbstheilungskräfte aber auch die haben ihre Grenzen. Darum ist es das natürlichste von der Welt, dass der Mensch unter Gelenkverschleiß leidet.

Es ist übrigens ein weit verbreiteter Irrtum, dass Verschleiß immer mit Schmerzen verbunden ist!

Jetzt wird Arthrose als ein das Altersmaß überschreitender Verschleiß bezeichnet. Aber was ist das Altersmaß? War es jemals vorgesehen im menschlichen Bauplan, dass wir 80 Jahre alt werden?

Noch vor 100 Jahren lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei 48 Jahren. Damit wird klar, dass es vom Anbeginn der Menschheitsentwicklung bis vor 100 Jahren kaum Arthrosepatienten gab.

Mit anderen Worten: wahrscheinlich war es in der Menschheitsentwicklung nie vorgesehen, dass der Körper 80 Jahre alt wird. Die evolutionäre Entwicklung und Ausstattung unseres Körpers hinkt der tatsächlichen Lebenserwartung (Aufgrund von Hygiene, Medizin, Ernährung) hinterher.

Der Preis sind Erkrankungen, die mit Verschleiß einhergehen. Arthrose hat darum nicht mit das "Altersmaß überschreitend"

Osteochondrose der LWS

Osteochondrose der LWS

Was beim Auto die Radlager sind, sind beim Menschen die Gelenke und Bandscheiben.

Warum grade ich?

Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort.

Warum habe ausgerechnet ich einen Bandscheibenvorfall bekommen?

Genetische Disposition:
Bei Bindegewebsschwächen kommt es leichter zu einem Bandscheibenvorfall.

Unfall:
Eine traumatische Überbelastung ist zum Glück selten.

Fehlbelastung:
Dafür müssen wir erst einmal definieren, was eine Fehlbelastung ist. Dazu mehr im Kapitel Prävention. Eine Bandscheibe ist ein mechanisches Bauteil, vergleichbar mit einem Dämpfergummi. Wenn Sie dieses unter Druck setzen (Körpergewicht), den Druck ungleich verteilt potenzieren (Heben eines Sprudelkastens mit vornüber gebeugtem Oberkörper) und dann noch verdrehen (seitliches Aufheben des Sprudelkastens) wird klar, dass der Gummidämpfer das nicht lange überleben wird. Genau so geht es der Bandscheibe.

Schwerkraft:
Da können wir nix dran ändern, aber die drückt auf die Bandscheiben.

Aufrechter Gang:
Da haben wir uns irgendwann für entschieden und er scheint ja auch sinnvoll zu sein. Dafür ist die Belastung auf die Bandscheiben und die Wirbelsäule stark gestiegen.

Bewegungsmangel:
oder besser: ungesunder Gebrauch unseres Körpers, dazu kann auch Überbelastung zählen. Optimal ist eine dauerhafte Bewegung für unseren Körper, die Muskeln und Gelenke wollen benutzt werden. Auch das aufrechte Sitzen ist ungut: wesentlicher ist der ständige Wechsel der Sitzposition: "Die nächste Sitzposition ist die beste".

Warum schmerzt der Nacken bei Stress?

Vielleicht kennen Sie das Problem: in stressigen Momenten schmerzt der Nacken. Der Volksmund kennt den Zusammenhang schon seit Jahrhunderten: ".......die Angst sitzt mir im Nacken.......die Last ist zu groß......den Kopf einziehen....."
Auch in der griechischen Mythologie tragt Atlas die Last der Welt mit dem Nacken. Darum heißt übrigens der 1. Halswirbel "Atlas".

Wir reagieren reflexartig auf Angst, Bedrohung und Stress mit einer Anspannung der Nackenmuskeln. Das ist ein in Jahrtausenden erlernter Schutzreflex. In der Steinzeit war es überlebenswichtig, bei Bedrohung durch Tiere oder Feinde unsere verwundbarste Stelle zu schützen: den Hals. Darin verbeißt sich ein Wolf.
(Darum haben Männer Bärte und Bären überschüssige Haut am Hals.)
In der Steinzeit waren solche Situationen zeitlich begrenzt, nach wenigen Minuten war die Situation geklärt, wie auch immer.
Heute sind die Bedrohungssituationen komplexer und deutlich länger: Existenzangst, Schulden, Mobbing.
Aber unsere Reaktion darauf ist genauso wie es sich in der Evolution bewährt hat: wir ziehen den Kopf ein und schützen die Kehle.
Wenn sie bedenken dass nach 5 min Überkopfarbeiten die Arme schmerzen wird klar, dass das stundenlange Anspannen der Halsmuskeln unweigerlich Beschwerden machen muss. Die quergestreiften Muskeln sind nicht gemacht für lange, statische Anspannung.